Im April hat das EU-Parlament die umstrittene Urheberrechtsrichtlinie beschlossen. Der Bundestag soll sie nun in nationales Recht umsetzen – aber wie könnte das aussehen? Und wie wollen wir uns als Urheberinnen und Urheber zu den wesentlichen Punkten positionieren und Einfluss nehmen? Zu diesen Fragen fand am 23. Juli in München eine lebhafte Diskussion statt.
Die Veranstaltung wurde moderiert von Arwed Vogel, Landesvorsitzender des Verbandes der Schriftstellerinnen und Schriftsteller (VS) in Bayern. Die komplexen rechtlichen Aspekte erklärte die Literatur-Übersetzerin Gerlinde Schermer-Rauwolf, sie ist gewähltes Mitglied des Verwaltungsrats der Verwertungsgesellschaft Wort (VG Wort) und dessen stellvertretende Sprecherin.
Veränderungen bei der VG Wort
Die Vorgeschichte aus der Autorenperspektive: Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofes im Jahr 2016 musste die VG Wort ihre Verteilungspläne an die geänderte Rechtslage anpassen und Übergangslösungen finden. Es gab plötzlich mehr Geld für die Urheber, weil Verlegeranteile entweder ganz wegfielen oder Buch- und Fachautorinnen ihren Verlagen freiwillig etwas abtreten konnten. Eine finanziell erfreuliche Lage, die sich viele Kreative für die Zukunft gern bewahren würden.
Doch wie realistisch ist die Festschreibung dieses Provisoriums in einer VG Wort, die von Autoren und Verlegern gemeinsam getragen wird? Heinz Wraneschitz, frisch gewähltes Verwaltungsratsmitglied der VG Wort, findet es sehr wichtig, dass die Verlage dabei bleiben: „Eine Autoren-Verwertungsgesellschaft neu zu gründen, dürfte uns überfordern.“
Gerline Schermer-Rauwolf ergänzte: „Die Verlage haben bereits angekündigt, bie der Ausschüttung auf festen Quoten zu bestehen, um zuverlssig kalkulieren zu können.“ Die neue EU-Richtlinie lässt nun grundsätzlich zu, dass Verlage an den Ausschüttungen beteiligt werden. Der Bundestag kann aber keine Quoten für Autoren und Verlage beschließen, das bleibt im Detail die Aufgabe der VG Wort und deren Mitgliederversammlungen: Dort wird verhandelt und abgestimmt.
Autorinnen und Autoren wollen mehr
Das Münchner VS-Forum diskutierte auch darüber, was Kreative in dieser Umbruchsphase für sich fordern könnten, quasi als angemessenen Ausgleich für eine wohl unvermeidliche Verlegerbeteiligung. Die Diskussion reichte über unmittelbare VG-Wort-Themen hinaus: Angesprochen wurden zum Beispiel konkrete Verbesserungen beim Recht auf eine angemessene Vergütung. Das beträfe unter anderem die Konditionen von Buchverträgen; im Journalismus wären verbindliche Vergütungsregeln für Texte und Fotos in Tageszeitungen sowie ein Verbot von Buy-Out-Verträgen wichtig. Ein Fachübersetzer plädierte für ein selbstbewusstes Auftreten der Urheber – schließlich brauchten die Verlage die Autoren ebenso wie umgekehrt.
Manche Journalistinnen wünschen sich klare Anforderungen an Verlage, was den Umgang mit METIS für Texte im Internet betrifft: Es soll vorgekommen sein, dass Zeitungsverlage die Zählpixel dieses VG-Wort-Systems lediglich zum Vorteil ihrer Angestellten installierten, nicht aber für freie Mitarbeiter. Manche erwarten sich auch mehr Transparenz von der VG Wort.
Das neue Urheberrecht auf Internet-Plattformen
Was Plattformen wie Youtube angeht, sieht Gerlinde Schermer-Rauwolf den umstrittenen Artikel 17 der EU-Richtlinie sogar als Verbesserung für die einzelnen Uploader. Ihre Begründung: „Auch bisher war es nicht zulässig, urheberrechtlich geschütztes Material hochzuladen. Nun haftet aber die Plattform und nicht mehr der und die Einzelne.“
Es könne nicht sein, dass ganze Hörbücher oder sogar brandneue Filme in HD-Qualität abrufbar seien, ohne dass die Urheber und andere Beteiligte einen Cent dafür bekämen. Schermer-Raufwolf: „Die Wunschlösung ist ja, dass möglichst viele Inhalte über Verwertungsgesellschaften lizenziert werden, die dann wiederum das eingenommene Geld nutzungsbezogen an die Urheber verteilen.“