Die Empörung ist groß: Das Kulturministerium des Landes Niedersachsen hat den kommunalen Theatern eine dauerhafte Erhöhung der Förderung von 6 Millionen Euro zugesagt und sofort wieder in Frage gestellt. Der errechnete Bedarf der Theater liegt aber bei mindestens 9 Millionen Euro. Und Niedersachsen belegt bei den öffentlichen Kulturausgaben pro Kopf im Ländervergleich ohnehin schon die drittletzte Stelle. Deshalb haben Beschäftigte des Deutschen Theaters Göttingen die Aktion #rettedeintheater – Keine Kulturwüste in Niedersachsen ins Leben gerufen. ver.di unterstützt sie.
„Wir unterstützen die kulturelle Vielfalt in der Fläche ausdrücklich und fordern die Landespolitik auf, den bisherigen Lippenbekenntnissen endlich Taten folgen zu lassen“, sagt der zuständige ver.di-Landesfachbereichsleiter Lutz Kokemüller. Der ver.di-Landesfachgruppenvorstand Theater und Bühnen Niedersachsen/Bremen sieht den Plan des Landes Niedersachsen, im kommenden Jahr rund 235 Millionen Euro für Kunst und Kultur auszugeben, lediglich als Tropfen auf einem heißen Stein: Im Vergleich der Bundesländer würden in Niedersachsen im Durchschnitt jährlich 32,36 Euro pro Einwohner, in Sachsen dagegen 92,38 Euro ausgegeben. Das bleibe nicht ohne Folgen für die Kulturschaffenden, die häufig mit ihren Einnahmen kaum über das Existenzminimum kämen. „Die Förderung von Kunst und Kultur muss Verfassungs- bzw. Gesetzesrang bekommen, wie zum Beispiel bei Schulen und Universitäten. Damit wären sie nicht mehr nur freiwillige Aufgabe und nice to have, die der Beliebigkeit der jeweiligen Kassenlage unterliegen, sondern klarer Staatsauftrag“, fordert Kokemüller. Wenn Politik glaubwürdig sein wolle, müsse die finanzielle Förderung deutlich erhöht werden. „Dass das geht, machen uns andere Bundesländer vor, es hängt also am politischen Willen.“
Die Initiatoren der Aktion geht es um ausreichende finanzielle Mittel, um der großen Nachfrage im theaterpädagogischen Bereich weiterhin nachkommen zu können, den Kontakt zur jungen Generation auszubauen, Schulkooperation betreuen zu können, den Mitarbeiter_innen faire Bezahlung und soziale Arbeitsbedingungen zu bieten, tagespolitische Zusatzformate wie Gesprächsforen und Diskussionrunden kostenlos anbieten und abwechslungsreiche Spielpläne nach künstlerischen Kriterien ausrichten zu können.
Das Ensemble des Göttinger Theaters hat für seine Aktion bereits viel Unterstützung erfahren. Seit dem Tag der Deutschen Einheit arbeiten die Theaterschaffenden Niedersachsens zusammen an einem Kurswechsel der Kulturpolitik. Die Ensembles und Beschäftigten der Stadt- und Staatstheater, der Landesbühnen und der freien Theater, das Göttinger Symphonie Orchester, die Schauspielschule Hannover und Verbände haben sich solidarisiert und wollen sich von der Kulturpolitik nicht länger gegeneinander ausspielen lassen. Mit einer Petition wird gleichzeitig öffentliche Unterstützung für das Anliegen gesucht: „Für eine finanzpolitische Entscheidung im Sinne des Erhalts von kultureller Vielfalt und kritischer Solidarität!“