Lagenwechsel, Doppelgriffe und Saitensprünge: Die Violine spielt 2020 die erste Geige! Zehn Landesmusikräte haben ihr als aktuelles „Instrument des Jahres“ den ersten Platz zugewiesen. Die 2008 mit der Klarinette gestarteten Initiative nimmt jeweils ein Jahr lang ein Instrument in den Blick. Es soll einem großen Publikum nahegebracht und mehr Augenmerk auf musikalische Bildung gelenkt werden. Jedes beteiligte Bundesland legt ein eigenes Programm auf.
Der Staffelstab ist weitergereicht. Die Violine hat das Saxofon als Instrument des Jahres abgelöst. Einem mehr als 500 Jahre altem Instrument der Volksmusik, des Tanzes, des Ensemblespiels, der Haus- und Konzertmusik in Klassik, Jazz, Pop und Rock soll zu neuer Popularität verholfen werden.
Eingeladen wird zu Konzerten, Workshops, Werkstattbesuchen bei Instrumentenbauern, zu Ausstellungen, Vorträgen und Diskussionen. Der „Tag des Instruments“ ist in jedem Herbst der Höhepunkt des Projektjahres. Profis und Amateure treten auf. Vielfältige Zugänge zur Musik öffnen sich. Laien werden animiert und interessiert.
Dieses „wunderbare Instrument mit uns zu erleben“, lud auch die Berliner Schirmherrin Nadine Conti, Stimmführerin der 2. Violinen im Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin, ein. Motto: Musik verbindet – Zusammenhalt stärken. Sich vom Leistungsgedanken zu verabschieden und sich beim Musizieren auf das zu konzentrieren, was wirklich zählt, gibt sie fürs Geigenjahr mit auf den Weg: „Befreien wir uns von überhöhten Ansprüchen an uns selbst, der Angst vor Bewertung und dem ewigen Vergleich mit anderen. Denn allein die Freude, die dabei empfunden und weitergegeben wird, ist das Wesentliche.“ Als Co-Autorin hat Contini „Die Kunst des Violinspieles“ ,Carl Fleschs berühmte, nach wie vor gültige Geigenschule, überarbeitet und in eine „einfachere, frischere Sprache“ gebracht.
Hella Dunger-Löper, Präsidentin des Berliner Landesmusikrats, verweist auf Musik als wichtiges Mittel, Menschen unterschiedlicher Richtung zusammenzubringen. Sie macht Lust darauf, gemeinsam „Lagenwechsel, Doppelgriffe und Saitensprünge“ zu entdecken.
Musikalische Bildung ist etwas (mehr) wert
Aus der musikalischen Landschaft ist die Geige nicht wegzudenken. 74.000 Jüngere und Ältere lernen gegenwärtig bundesweit, dieses Instrument zu spielen. Die Berliner öffentlichen Musikschulen zählen 3.000 Geigenschüler*innen. Kunst und Kultur, so der Berliner Kultursenator Dr. Klaus Lederer, sind kein „Nice to have“, sondern „prägend für junge Menschen.“ In den Schulen seien Musik- und Kunstunterricht leider zu „ausgedünnten Bereichen“ geworden.
Nach massiven Kürzungen in der Vergangenheit und zahlreichen kreativen, von ver.di unterstützten Protestaktionen der Musikschullehrkräfte hat sich der Senat zur Stärkung der öffentlichen Musikschulen und Verbesserung der Arbeitsbedingungen bekannt und Mittel in den Landeshaushalt eingestellt. 20 Prozent Festanstellungen sind inzwischen erreicht, ein im bundesdeutschen Vergleich immer noch bescheidener Anteil. Dunger-Löper fordert 85 Prozent bis 2025, da seien sich Landesmusikrat und ver.di einig. Nachdem die Tarifgemeinschaft der Länder die Zustimmung zu Tarifverhandlungen für arbeitnehmerähnliche Beschäftigte mit dem Land Berlin verweigerte und der ver.di-Vorschlag für eine Verwaltungsvereinbarung zurückgewiesen wurde, wird auf die neue Ausführungsvorschrift Honorare gesetzt, ursprünglich für den Jahresbeginn avisiert. Diese soll nun ab Herbst wirksam werden und 2,2 Mio. Euro zusätzliche Honorare bringen. Für 2021 sind im Haushalt weitere 6,5 Mio Euro für Honoraranpassungen vorgesehen. Für die Erhöhung des Anteils festangestellter Lehrkräfte sind in beiden Jahren jeweils 2 Millionen Euro zusätzlich eingeplant. Ein Servicezentrum für Musikschulen wird eingerichtet. Die Präsidentin des Landesmusikrats bezeichnete das alles als „wichtigen Schritt hin zu einer Musikschullandschaft, die der Kulturhauptstadt Berlin auch entspricht“.